
Über vergangene Zeiten zu lesen, Dokumentationen anzuschauen, Zeitzeugen zu interviewen und im Unterricht darüber zu sprechen – all das kann sicher dabei helfen, historische Ereignisse besser zu verstehen. „Richtige“ Zeitreisen sind ja leider nicht machbar… Oder vielleicht doch? Im Schulmuseum Leipzig versucht man das, indem man für Schulklassen zumindest historische Unterrichtsstunden anbietet.
Das Angebot einer DDR-Heimatkundestunde à la 1985 ist dabei deutschlandweit ein Alleinstellungsmerkmal der Leipziger Einrichtung. Besuche an solchen außerschulischen Lernorten, die Geschichte lebendig werden lassen, werden durch die Brücke-/Most-Stiftung gefördert. Diese Möglichkeiten nutzten die Klasse 10a sowie der Geschichtskurs der Klasse 10b am 04.12. zu einem außergewöhnlichen Ausflug nach Leipzig.
Beide Geschichtskurse begaben sich dort ins Schulmuseum zum og. Projekt.
Nach einer Einführungsveranstaltung mit Kurzdarstellung des DDR-Schulsystems anhand von Quellen sowie originalen Objekten wurden die Jugendlichen selbst zu Protagonisten in einer Heimatkundestunde, wie sie vor ca. 40 Jahren überall in der DDR tagtäglich stattgefunden haben könnte – natürlich stilgerecht ausgestattet mit Pionierhalstüchern und DDR-Lehrbüchern sowie in einem typischen DDR-Klassenzimmer (sogar mit Falgard-Gardinen an den Fenstern). Die nachgespielte DDR-Unterrichtsstunde hält sich an die Empfehlungen aus den Unterrichtshilfen für DDR-Lehrkräfte. Die Leipziger Projektleiterin, die eben noch mit den Projektteilnehmern über das Leben in einer Diktatur und ideologische Erziehung diskutiert hatte, verwandelte sich plötzlich in eine absolut linientreue Lehrkraft, verlangte viel Disziplin, lobte (v.a. die Pioniere in der Klasse) und grenzte auch aus, denn es gab (natürlich) einen Nicht-Pionier.
Im Anschluss an die Unterrichtsstunde erfolgte selbstverständlich eine gemeinsame Reflexion des Erlebten und alle kamen wieder im Hier und Jetzt an. Die Jugendlichen fanden das Projekt durchweg interessant und staunten, wie ausgeklügelt ideologische Bildung und Erziehung in jedes Unterrichtsfach einer jeden Altersgruppe eingearbeitet werden konnte. Und sie erlebten v.a. auch hautnah, dass es viel Mut erfordert, bei Ungerechtigkeiten zu widersprechen oder eine andere Meinung zu sagen, wenn man dafür vor der Klasse kritisiert wird. So sorgte dieses Geschichtsprojekt auf jeden Fall für viel Nachdenken bei den jungen Teilnehmern und wird natürlich im Unterricht noch eine Rolle spielen.
Weitere Begegnungen mit historischen Lernorten in Leipzig standen an diesem Tag auf dem Programm. Der Gemeinschaftskundekurs besuchte das Zeitgeschichtliche Forum. In der „Runden Ecke“ befasste sich der Geschichtskurs 10b mit der friedlichen Revolution von 1989. Außerdem blieb auch noch etwas Zeit für einen Bummel über den Leipziger Weihnachtsmarkt. Als abendliches Highlight des Exkursionstages konnten wir sogar dem prachtvoll beleuchteten Völkerschlachtdenkmal einen Besuch abstatten und uns dort noch an eine ganze andere Epoche der deutschen Vergangenheit erinnern. mawohl