125 Jahre Schulgebäude
Gleich zwei große Jubiläen stehen demnächst für die Wilhelm-Adolph-von-Trützschler-Oberschule auf dem Programm. Das Schulgebäude feiert nämlich seinen 125. Geburtstag und die Oberschule selbst begeht den 20. Jahrestag ihres Bestehens. Beide Ereignisse werden im Mai mit einer Festveranstaltung sowie mit einem Schulfest gefeiert.
In zwei Artikeln möchten wir Ihnen vorab einen kleinen historischen Rückblick geben. Heute widmen wir unsere Aufmerksamkeit der langen Geschichte des altehrwürdigen Schulgebäudes.
Wie alles begann:
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, den „Gründerjahren“, stieg die Einwohnerzahl der Stadt Falkenstein an. Wirtschaftliche Blüte, besonders in der Textilindustrie führte dazu, dass die Bevölkerungszahl um 1900 bei 9536 Einwohnern lag. Im Jahr 1897 gab es 1617 Schüler. 1336 lernten in 28 Klassen an der Bürgerschule. Die vorhandenen Schulräume reichten für die steigende Kinderzahl nicht mehr aus und außerdem fehlte eine Turnhalle. Für Ostern 1898 erwartete man 227 Schulanfänger. So dachte der damalige Stadtrat über den Neubau einer weiteren Bürgerschule nach und beschloss dies am 03.06.1897: „… man erkennt die Frage der Erbauung eines neuen Schulhauses als eine brennende an, beschließt, im kommenden Jahr mit dem Neubau eines Schulgebäudes an der Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen der Wettin- und Carolastraße zu beginnen…“
Am 21. März 1899 erfolgte die Grundsteinlegung zur 2. Bürgerschule. In den Grundstein wurde eine Urkunde eingelegt, deren handschriftlicher Text mit folgenden Worten endet:
„… Möge Gott seinen Segen geben, dass der Bau ohne Unfall erfolge und eine Stätte werde des Strebens nach Wissen und Erkenntnis, eine Pflegestätte christlichen Sinnes und der Liebe zu unserem sächsischen und deutschen Vaterlande sowie unserer schönen waldumkränzten Heimatstadt.“
Unter Leitung des Baumeisters Franz Eckstein wurden zunächst nur der Mittelbau und ein Flügel fertiggestellt. Die Ausgaben für den Grundstückskauf, den Bau und das Mobiliar beliefen sich auf den stattlichen Betrag von 241 237 Mark und 20 Pfennigen (Laut Internet-Recherche entspricht 1 Mark aus dem Jahr 1900 heute ca. 8,40 €.).
Die Einweihung der zweiten Falkensteiner Schule, der NEUEN SCHULE, erfolgte am 23. April 1900. Am 26.04.1900 berichtete der FALKENSTEINER ANZEIGER über diese festliche Zeremonie:
„Der diesmalige Geburtstag Sr. Majestät unseres Königs Albert war für unsere Stadt ein doppelter Freudentag, fand doch an diesem Tage auch die feierliche Weihe unseres neuen und schönen Schulgebäudes statt. Am Morgen wurde vom Stadtmusikkorps in den Straßen der Stadt ein Weckruf mit einem patriotischen Marsche ausgeführt. Die Stadt hatte an diesem Festtage reichen Flaggenschmuck angelegt. Vormittags 10 Uhr fand im Schulsaale der alten Schule ein sehr gut besuchter Schulactus statt. Die von passenden vaterländischen Gesängen und Declamationen umrahmte Festrede hielt Herr Lehrer Heidel, welcher in kurzen Zügen einen geschichtlichen Ueberblick über die Entwickelung des sächsischen Volks-Schulwesens namentlich während der Regierungszeit König Alberts gab. Nach dem Schulactus formierten sich die Vertreter der städtischen Behörden, die Mitglieder der städtischen Ausschüsse, geladene Ehrengäste, Vertreter von Kirche und Schule, die Lehrerschaft und die Schulkinder zu einem gemeinsamen Zuge, in welchem die zwei Schulfahnen und ein Musikchor mitgeführt wurden, nach dem an der verlängerten Wettinstraße neuerbauten Schulhause, welches sodann seine Weihe erhielt. Nach dem Gesange des Chorals „Wir haben dieses Haus gebaut“ hielt der königl. Bezirksschulinspector Herr Schulrath Hörig … die Weiherede, welcher seinen inhaltsreichen Ausführungen das Wort zu Grunde legte: „Lasset uns den Kindern leben.“ Derselbe gedachte in seiner Rede der Opferwilligkeit und des Gemeinsinns der Bürgerschaft der Stadt Falkenstein, welche, nachdem dieselbe im Jahre 1896 ein Centralschulgebäude errichtet, jetzt infolge der Verhältnisse einen zweiten größeren Schulhausneubau ausführte. Er gipfelte seine Weiherede in dem Satz: „Wir weihen diese Schule unserer Jugend für die irdische Laufbahn zur Himmelfahrt.“ …
… Nunmehr wurde von Jung und Alt die Besichtigung der neuen schönen Schulräume vorgenommen, welche zwar nicht als prunkvoll und luxuriös, so doch als zweckentsprechend und musterhaft bezeichnet werden können. Die Ausführung des Baues unter der umsichtigen Leitung unseres verdienten Stadtbaumeisters Herrn Richter ist als eine solide zu bezeichnen und macht das Schulgebäude mit seinem schmucken äußeren Aussehen und seinen freundlichen inneren Räumen einen angenehmen Eindruck. Die innere Einrichtung ist mit den neuesten technischen Erfahrungen im Schulbauwesen versehen worden. Mögen alle guten Wünsche, welche am Einweihungstage zum Ausdruck gelangten, in Erfüllung gehen!
Im Anschluß an die Schulweihe fand Nachmittags 1 Uhr im Hotel Pohlandt ein sehr zahlreich besuchtes Festmahl statt, bei welchem Herr Amtsgerichtsrath Dr. Kretzschmar den Trinkspruch auf Se. Majestät ausbrachte. Der Redner hob, in Hinweis auf die eben vollzogene Weihe, namentlich die landesväterliche Fürsorge des Königs für das gesamte Schulwesen hervor, wodurch Sachsen allen anderen deutschen Staaten voranleuchtet. …“ (Rechtschreibung entspricht dem Originaltext.)
Zunächst sah das Gebäude noch ein wenig anders aus als heute, denn der Südflügel wurde erst 1907 gebaut.
In den folgenden Jahren erlebte das Gebäude eine wechselvolle Geschichte, die man anhand der unterschiedlichen Schulnamen erkennen kann. Der Name einer Schule ist auch immer aussagekräftig zu dem, was an Werten in der Einrichtung vermittelt werden soll. Er spiegelt meist eine Verbindung zur Region oder besondere Schwerpunkte wider, berücksichtigt aber auch aktuelle gesellschaftliche Werte. Hier ist auch bei unserer Falkensteiner Schule Interessantes zu erkennen.
Die II. Bürgerschule wurde auch NEUE SCHULE genannt, denn es existierte an der Hauptstraße bereits die Alte Schule.
Während der Zeit des Nationalsozialismus trug das Gebäude den Namen HANS-SCHEMM-SCHULE. Hans Schemm (1891-1935) war Lehrer, bayrischer Kultusminister und Gauleiter in Oberfranken – ein fanatischer Nationalsozialist und Rassenideologe. 1935 kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben und im gleichen Jahr erhielt die Falkensteiner Schule seinen Namen.
Nach dem Krieg hieß das Gebäude GRUNDSCHULE. Dies war damals in der Sowjetischen Besatzungszone die übliche Bezeichnung für Einheitsschulen, in denen man bis zur 8. Klasse lernte.
In den 60er-Jahren war die Einrichtung dann eine ALLGEMEINBILDENDE POLYTECHNISCHE OBERSCHULE (POS). Das war die allgemeine Schulform in der DDR. Sie umfasste eine zehnjährige Ausbildung mit praktischen Unterrichtsanteilen. ALLGEMEINBILDEND bedeutet, dass es um eine allseitige Allgemeinbildung ging. POLYTECHNISCH beschreibt, dass theoretischer Unterricht auch mit praktisch-produktivem Lernen kombiniert wurde. Als OBERSCHULE bezeichnete man höhere Lehreinrichtungen. In der POS lernte man von der ersten bis zur zehnten Klasse gemeinsam.
1978 fand die Namensgebung zur MAX-HOELZ-OBERSCHULE statt. Max Hoelz (1889-1933) war während der Zeit der Weimarer Republik einer der populärsten deutschen Kommunisten. Er hatte zeitweise in Falkenstein gelebt. 1929 war er in die Sowjetunion übergesiedelt, wo er 1933 zu Tode kam. In Falkenstein sind die Erinnerungen an ihn sehr widersprüchlich. Als glühender Kommunist passte er natürlich perfekt zur Ideologie, die in DDR-Schulen gelehrt wurde.
Mit dem Mauerfall 1989 begann die Wende. 1990 fand die deutsche Wiedervereinigung statt.
Aus dem Schulnamen verschwand Max Hoelz wieder und das Gebäude hieß nun schlicht und einfach II. OBERSCHULE.
Dann wurde aus der Schule ein GYMNASIUM, welches 1994 den Namen von WILHELM ADOLPH VON TRÜTZSCHLER erhielt. Dieser Name blieb bis heute erhalten, denn auch die 2005 gegründete MITTELSCHULE, die seit 2013 eine OBERSCHULE ist, behielt ihn.
Wilhelm Adolph von Trützschler (1818-1849) war Jurist, deutscher Politiker und Kämpfer für die nationale Einheit Deutschlands. Er war u.a. Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, kämpfte während der Revolution von 1848/49 aktiv mit und wurde für seine politische Überzeugung zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Über die vergangenen zwei Jahrzehnte Geschichte der Wilhelm-Adolph-von-Trützschler-Oberschule erfahren Sie im Mai mehr.
Ein herzlicher Dank für die Unterstützung bei unseren historischen Recherchen geht an Herrn Ide vom Falkensteiner Stadtarchiv sowie an die zahlreichen Zeitzeugen, die uns Material zur Geschichte unseres Schulgebäudes zur Verfügung gestellt haben. Hervorgehoben werden soll hier besonders eine Broschüre von Herrn Horst Teichmann über die Geschichte des Falkensteiner Gymnasiums.
Viel Interessantes kann demnächst in einer kleinen Ausstellung anlässlich der Jubiläen bestaunt werden. Auch in einer Festbroschüre wurde dazu einiges zum Nachlesen zusammengestellt.
Bei Interesse wenden Sie sich bitte unter Tel.-Nr. 03745/5541 an das Sekretariat unserer Schule. mawohl