„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ – Trützschler-Oberschüler engagieren sich für die Erinnerung an während der Zeit des Nationalsozialismus ausgelöschte jüdische Familien

Als unser Stadtarchivar Ralph Ide und die Initiatorin der Stolperstein-Verlegung, Frau Anja Blechschmidt, im vergangenen Herbst den Vorschlag machten, dass sich unsere Oberschule an dieser Art der Erinnerungskultur beteiligen könnte, fanden sich sofort geschichtsinteressierte Jugendliche aus den Klassen 10a, 10b und 9a, die sich bereitwillig dafür engagierten.

So kam es, dass nach unserer SPURENSUCHE über die jüdischen Einwohner von Falkenstein (2007) und über Alfred Roßner, jenen Falkensteiner, der in dunklen Zeiten jüdische Menschenleben rettete und dafür mit seinem eigenen Leben bezahlen musste, (= unser Projekt von 2019 bis 2021) in diesem Schuljahr ein weiteres Geschichtsprojekt initiiert wurde. Zunächst wurden die vorhandenen Stolpersteine geputzt und so die Inschriften wieder gut lesbar gemacht. Danach befassten wir uns sehr intensiv mit den Schicksalen von drei jüdischen Falkensteiner Familien, die einst im Umfeld unserer Schule gelebt hatten und als Opfer der NS-Diktatur ausgelöscht wurden. Bei all dem unterstützen uns Frau Blechschmidt und Herr Ide – dafür sagen wir herzlich DANKE.

Am 08.05.2024 wurden für die Familien KAPLAN, BALBUS und CHOJNACKI Stolpersteine verlegt. Die Verlegungen nahm der Berliner Künstler Gunter Demnig vor, der diese Art des Gedenkens vor mehr als 30 Jahren selbst entwickelt hatte. Mit diesen kleinen Messing-Gedenktafeln (96 x 96 cm) soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Stolpersteine werden vor der letzten frei gewählten Wohnstätte direkt in den Straßenbelag eingebracht und sind mit Informationen zum Schicksal des Menschen, an den erinnert wird, beschriftet. Mittlerweile gibt es in Europa mehr als 100 000 solcher kleinen Erinnerungssteine.

In Falkenstein gibt es nun also neue Stolpersteine:

– vor dem Haus Ferdinand-Lassalle-Straße 22 für die Familie KAPLAN (Hier lebten David Meier, Feiga Ida, Marie, Anna und Lilli Kaplan bis zu ihrem 1939 erzwungenen Umzug in ein sog. „Judenhaus“ nach Plauen. Danach folgten Deportationen in Ghetto bzw. KZ, wo die drei Töchter der Familie ermordet wurden.),
– vor dem Haus August-Bebel-Straße 53 für die Familie BALBUS (Hier lebten Gecel Hans, Salomea Raschel und Sophia Balbus bis zu ihrem Zwangsumzug im Jahr 1942. Kein Mitglied der Familie überlebte.),
– vor dem Haus Pestalozzistraße 17 für die Familie CHOJNACKI (Die Eltern Mosche Moritz und Ruchla Regina sowie drei ihrer fünf Kinder – Lena, Elsa und Abraham Pinkus – wurden ermordet. Den Geschwistern Josef Leser und Gertrud Genessel war die Flucht nach Palästina geglückt. Sie kamen nie in ihre Heimat zurück.).

Schülerinnen und Schüler aus unserer Klasse 9a trugen die Lebensgeschichten dieser 15 Menschen vor, während Gunter Demnig die Stolpersteine vor den jeweiligen Gebäuden verlegte.

Am 30.05. wird es im Nachgang dieses Ereignisses zu einer wichtigen Begegnung kommen:
Ronit Weiss, die Tochter von Josef Leser Chojnacki, kommt aus Israel nach Falkenstein und die am Projekt beteiligten Jugendlichen werden sich mit ihr im Stadtarchiv zu einer Gesprächsrunde treffen.

Damit endet diese Geschichte aber nicht, denn weitere Stolpersteine warten auf ihre Verlegung in Falkenstein – und Trützschler-Oberschüler werden sich auch dabei wieder engagieren.

Martina Wohlgemuth
Lehrerin für Deutsch und Geschichte